Wie lange muss man auf ein Spendeorgan warten?

Autor:in

Swisstransplant

Veröffentlichungsdatum

9. April 2025

Geändert

11. April 2025

Das Wichtigste in Kürze
  • Die mediane Wartezeit auf eine Niere von einer zwischen 2015 und 2024 neu gelisteten Person betrug in der Schweiz rund 3 Jahre. Für die anderen Organe waren die Wartezeiten in der Regel kürzer und liegen zwischen 0.7 und 1.6 Jahren.

  • Die mediane Wartezeit für Herz-, Lungen und Nierentransplantationen nimmt seit ein paar Jahren ab. Bei Lebertransplantationen nimmt die Wartezeit zu.

  • Es gibt viele Faktoren, welche die Wartezeit auf ein Organ beeinflussen können, wie z.B. die Organverfügbarkeit, die medizinische Dringlichkeit oder die Blutgruppe.

Swisstransplant berechnet die Wartezeiten für Transplantationen mit Organen von spendenden verstorbenen Personen. Die hier angegebenen Wartezeiten basieren auf allen von 2015 bis 2024 in der Schweiz neu gelisteten Personen, aber jede Patientin, jeder Patient ist anders. Die individuelle Wartezeit kann viel kürzer oder länger sein. Sie hängt von der Organverfügbarkeit, der medizinischen Dringlichkeit, der Blutgruppe und je nach Organ von weiteren Faktoren wie Alter oder Gewicht ab.

1. Wahrscheinlichkeit der Transplantation

Die Wahrscheinlichkeit einer Transplantation bildet die Grundlage für die Abschätzung der Wartezeiten. Wenn z.B. 20 von 100 wartenden Personen innerhalb der ersten fünf Monate transplantiert werden, beträgt die Wahrscheinlichkeit 20 %, bis dahin eine Transplantation zu erhalten.

Diese Wahrscheinlichkeit kann als Kurve über der Zeit (kumulative Inzidenzkurve) dargestellt werden (Abb. 1). Die Kurve beginnt bei einer Wahrscheinlichkeit von 0 im Moment der Listung und steigt im Laufe der Wartezeit an, erreicht aber nie den Wert 1, da nicht alle Personen transplantiert werden. Aus der Kurve lassen sich einzelne Werte ablesen, z.B. die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres transplantiert zu werden, oder die Wartezeit, nach der die Wahrscheinlichkeit einer Transplantation 50 % beträgt – die sogenannte mediane Wartezeit.

Abbildung 1: Kumulative Inzidenzkurven des Ereignisses Transplantation für die verschiedenen Organe A–E (mit 95 %-Konfidenzband). Die Kurven zeigen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Aufnahme auf die Warteliste transplantiert wird. Das Kreuz markiert die mediane Wartezeit bis zur Transplantation, d.h. die Wartezeit, nach der die Wahrscheinlichkeit einer Transplantation 50 % beträgt.

2. Mediane Wartezeit bis zur Transplantation (MTT)

Möchte man einen einzigen Kennwert für die Wartezeit, so lässt sich die mediane Wartezeit bis zur Transplantation (median time to transplantation; MTT) aus den Kurven in Abb. 1 ablesen. Sie entspricht der Wartezeit, nach der die Wahrscheinlichkeit einer Transplantation 50 % beträgt und kann als mittlere Wartezeit interpretiert werden (Tab. 1). Dabei handelt es sich nicht um einen einfachen Durchschnitt oder Mittelwert der Wartezeiten aller Transplantierten, sondern alle Personen – transplantierte, verstorbene, von der Liste genommene und weiterhin wartende – fliessen in die Berechnung ein. Bei vielen Organen ist heute die Wartezeit kürzer als der in Abb. 1 bzw. Tab. 1 angegebene MTT-Wert.

Tabelle 1: Mediane Wartezeit bis zur Transplantation (MTT) und 95 %-Konfidenzintervall (KI) aller neu gelisteten Personen zwischen 2015 – 2024. Die MTT ist ein Schätzwert, der mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist. Das 95 %-Konfidenzintervall ist der Bereich, der bei vielen Wiederholungen der Studie den wahren Wert in 95 von 100 Fällen enthält.
MTT in Jahren 95 %-KI
Herz 1.13 0.85–1.57
Lunge 0.74 0.56–0.90
Leber 1.32 0.83–1.54
Niere 3.16 2.80–3.63
Pankreas / Inselzellen 1.57 0.96–1.78

2.1 Veränderung der medianen Wartezeit über die Zeit

Um abzuschätzen, wie sich die mediane Wartezeit bis zur Transplantation über die Zeit entwickelt, betrachtet man die Transplantationsrate, also wie oft das Ereignis Transplantation in einem bestimmten Zeitraum eintritt. Diese Ereignisrate wird auch Hazard-Rate genannt (siehe Box Was ist eine Hazard-Rate?). Die Entwicklung der Transplantationsrate in den letzten Jahren zeigt je nach Organ einen unterschiedlichen Trend, (Abb. 2). Während bei den Wartelisten für Herz, Lunge und Niere ein positiver Trend erkennbar ist, lässt sich für die Leber-Warteliste ein leichter Rückgang der Transplantationsrate beobachten.

Dies bedeutet, dass entsprechend die mediane Wartezeit für ein Herz, eine Lunge oder eine Niere abnimmt (bei Herz und Lunge seit 2021), die mediane Wartezeit für eine Leber jedoch seit 2019 zunimmt. Bei Pankreas- bzw. Inselzelltransplantation gibt es keine Hinweise darauf, dass sich die Transplantationsrate verändert hat, weil die Unsicherheit wegen der wenigen Daten zu gross ist.

Abbildung 2: Entwicklung der Transplantationsrate in den letzten Jahren (mit 95 %-Konfidenzband). Bei Herz-, Lungen- und Nierentransplantationen ist in den letzten Jahren ein Anstieg der Transplantationsrate zu verzeichnen, bei Lebertransplantationen ist der Trend leicht rückläufig. Bei der Pankreas- bzw. Inselzelltransplantation ist die Unsicherheit zu gross, um einen Trend abzuleiten.
Was ist eine Hazard-Rate?

Die Hazard-Rate in der medizinischen Statistik beschreibt die Rate, mit der ein Ereignis wie eine Transplantation in einem kurzen Zeitintervall eintritt – unter der Voraussetzung, dass es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten ist.

Die Hazard-Rate kann als die momentane Intensität des Ereignisses verstanden werden. Wichtig dabei: Die Hazard-Rate ist keine Wahrscheinlichkeit, sondern eine Rate, die angibt, wie oft das Ereignis pro Zeiteinheit erwartet wird – ähnlich wie beim Betrachten der Geschwindigkeit eines Autos. Es geht also darum, wie schnell etwas gerade passiert.

Zum Beispiel: Wenn wir Patienten auf der Warteliste für eine Herztransplantation betrachten, beschreibt die Hazard-Rate, mit welcher Rate eine Person genau in diesem Moment ein Spenderorgan erhält – unter der Voraussetzung, dass sie noch wartet.

3. Ereigniswahrscheinlichkeit

Die Transplantation ist das häufigste Ereignis, aber es kann auch vorkommen, dass Personen auf der Warteliste versterben oder von der Liste entfernt werden (Delisting).

Für alle diese drei möglichen Ereignisse auf der Warteliste – Transplantation, Versterben und Delisting – lassen sich kumulative Inzidenzkurven erstellen, aus denen die Ereigniswahrscheinlichkeiten abgelesen werden können. Nachfolgend sind die Werte für die verschiedenen Organe und Ereignisse in den ersten 5 Jahren nach der Listung dargestellt (Tab. 2). Die Summe der Wahrscheinlichkeiten der möglichen Ereignisse, einschliesslich der Wahrscheinlichkeit, weiterhin auf ein Spenderorgan zu warten, ergibt zu jedem Zeitpunkt stets 1.

Die angegebenen Wahrscheinlichkeiten basieren auf Daten der Jahre 2015 – 2024. Die Wahrscheinlichkeiten von heute gelisteten Personen können anders sein. Zum Beispiel sind die Chancen, heute ein Spenderorgan zu erhalten, für viele Organe höher, da die Spende- und Allokationsprozesse ständig optimiert werden (siehe auch Kapitel 2.1)

Herz-Warteliste

Tabelle 2: Ereigniswahrscheinlichkeiten auf der Herz-Warteliste. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb des ersten Jahres transplantiert zu werden, beträgt 47 %, während das Sterberisiko bei 10 % liegt.
1 Jahr 2 Jahre 3 J. 4 J. 5 J.
Transplantation 0.47 0.59 0.67 0.71 0.71
Versterben 0.10 0.13 0.15 0.15 0.15
Delisting 0.04 0.06 0.06 0.08 0.10
Warten 0.39 0.22 0.12 0.06 0.04

Lungen-Warteliste

Tabelle 3: Ereigniswahrscheinlichkeiten auf der Lungen-Warteliste. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb des ersten Jahres transplantiert zu werden, beträgt 58 %, während das Sterberisiko bei 7 % liegt.
1 Jahr 2 Jahre 3 J. 4 J. 5 J.
Transplantation 0.58 0.76 0.82 0.83 0.83
Versterben 0.07 0.08 0.09 0.10 0.10
Delisting 0.03 0.05 0.05 0.05 0.06
Warten 0.32 0.11 0.04 0.02 0.01

Leber-Warteliste

Tabelle 4: Ereigniswahrscheinlichkeiten auf der Leber-Warteliste. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb des ersten Jahres transplantiert zu werden, beträgt 40 %, während das Sterberisiko bei 12 % liegt.
1 Jahr 2 Jahre 3 J. 4 J. 5 J.
Transplantation 0.40 0.61 0.66 0.67 0.67
Versterben 0.12 0.14 0.16 0.17 0.17
Delisting 0.05 0.09 0.11 0.13 0.14
Warten 0.43 0.15 0.07 0.04 0.02

Niere-Warteliste

Tabelle 5: Ereigniswahrscheinlichkeiten auf der Niere-Warteliste. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb des ersten Jahres transplantiert zu werden, beträgt 19 %, während das Sterberisiko bei 1 % liegt.
1 Jahr 2 Jahre 3 J. 4 J. 5 J.
Transplantation 0.19 0.33 0.48 0.58 0.68
Versterben 0.01 0.03 0.04 0.05 0.06
Delisting 0.01 0.03 0.05 0.07 0.08
Warten 0.79 0.61 0.42 0.30 0.18

Pankreas/Inselzellen-Warteliste

Tabelle 6: Ereigniswahrscheinlichkeiten auf der Pankreas/Inselzellen-Warteliste. Die Wahrscheinlichkeit, innerhalb des ersten Jahres transplantiert zu werden, beträgt 36 %, während das Sterberisiko bei <1 % liegt.
1 Jahr 2 Jahre 3 J. 4 J. 5 J.
Transplantation 0.36 0.59 0.70 0.72 0.76
Versterben 0.00 0.03 0.03 0.03 0.04
Delisting 0.01 0.04 0.05 0.06 0.10
Warten 0.62 0.35 0.22 0.18 0.10

4. Transplantationsrate der letzten 2 Jahre

Es ist möglich, die Transplantationsraten für verschiedene Listungs-Zeitpunkte zu vergleichen. Wir berechnen den Unterschied zwischen Personen, die Anfang 2024 und denen, die Anfang 2022 auf die Warteliste gesetzt wurden (siehe dazu die Box Was ist ein Hazard Ratio?).

Bei Herz- und Lungentransplantationen stieg die Transplantationsrate für Personen, die Anfang 2024 gelistet wurde, um den Faktor 1.84 und 1.86, was fast einer Verdopplung entspricht. Bei Nierentransplantationen erhöhte sich die Rate um das 1.5-Fache. Im Gegensatz dazu ging die Lebertransplantationsrate um den Faktor 0.78 zurück, was einem Rückgang von 22 % entspricht. Für Pankreas- und Inselzelltransplantationen fanden wir keine Hinweise auf eine Veränderung der Transplantationsrate (Tab. 7).

Tabelle 7: Das Hazard Ratio vergleicht die Transplantationsrate für Listungen Anfang 2024 mit Anfang 2022. Das 95 %-Konfidenzintervall (KI) ist der Bereich, der bei vielen Wiederholungen der Studie den wahren Wert häufig enthält. Sehr kleine p-Werte weisen auf eine starke Evidenz hin, dass sich die Transplantationsrate tatsächlich verändert hat.
Organ Differenz Hazard Ratio 95 %-KI p-Wert
Herz 2022–2024 1.84 1.41–2.40 < 0.001 ***
Lunge 2022–2024 1.86 1.42–2.43 < 0.001 ***
Leber 2022–2024 0.78 0.63–0.95 < 0.001 ***
Niere 2022–2024 1.52 1.25–1.83 < 0.001 ***
Pankreas / Inselzellen 2022–2024 0.71 0.36–1.43 0.55
Was ist ein Hazard Ratio?

Das Hazard Ratio ist das Verhältnis der Hazard-Raten zwischen zwei Gruppen und gibt an, wie viel höher oder niedriger das Risiko für ein Ereignis (z. B. eine Transplantation) in der einen Gruppe im Vergleich zur anderen ist. Auch hier hilft das Beispiel der Geschwindigkeit: Wenn ein Auto auf einer Strecke doppelt so schnell fährt wie ein anderes, dann ist das Verhältnis der Geschwindigkeiten 2.

Beispiel: Nehmen wir an, das Hazard Ratio für Personen, die Anfang 2024 auf die Warteliste kamen, im Vergleich zu denen, die Anfang 2022 gelistet wurden, beträgt 2. Das bedeutet, dass die Transplantationsrate der Gruppe von 2024 doppelt so hoch ist wie in der Gruppe von 2022.

Methodik

Swisstransplant hat alle zwischen 2015 und 2024 neu gelisteten Personen ausgewertet: 560 auf der Herz-Warteliste, 550 auf der Lungen-, 2096 auf der Leber-, 2764 auf der Nieren- und 211 auf der Pankreas/Inselzellen-Warteliste. Bis Ende 2024 haben 383 Personen ein Herz, 438 eine Lunge, 1261 eine Leber, 1600 eine Niere und 144 Personen eine Pankreas- oder Inselzellen-Transplantation erhalten.

Für die Ergebnisse im Kapitel 1 bis 3 wurden Mehrstadienmodelle mit dem Aalen-Johansen-Schätzer verwendet. Genaueres zu diesen Methoden ist in der Literatur zu finden. Für die Ergebnisse im Kapitel 2.1 und 4 wurden ereignisspezifische Hazard-Modelle angepasst, wobei das Listungsdatum als erklärende Variable diente, die eine nicht-lineare Form annehmen konnte.

Literatur

Schwab S, Elmer A, Sidler D, Straumann L, Stürzinger U, Immer F. Selection bias in reporting of median waiting times in organ transplantation. JAMA Netw Open. 2024;7(9):e2432415. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.32415

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Das Thema Warteliste ist sehr komplex. Daher beantworten wir die häufig gestellten Fragen.

Wieso ist das Thema Warteliste und deren Analyse komplex?

Die Warteliste ist nie abgeschlossen, da ständig neue Personen hinzukommen. Wir kennen für jede Person das Listungsdatum, aber es gibt keinen Zeitpunkt, an dem alle Personen abschliessend beobachtet werden können. Für einige wissen wir, wann die Transplantation eingetreten ist, für andere nur, dass es bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht passiert ist. Dies nennt man rechts-zensierte Daten – das bedeutet, dass der genaue Zeitpunkt des Ereignisses (z. B. einer Transplantation) für manche Personen noch unbekannt ist.

Solche Daten erfordern spezielle Verfahren der Biostatistik, insbesondere aus der Analyse von Überlebenszeiten. Zudem gibt es auf der Warteliste sogenannte konkurrierende Risiken: Wenn eine Person von der Liste entfernt wird oder verstirbt, kann die Transplantation nicht mehr als Ereignis eintreten. Auch dies muss in der Analyse berücksichtigt werden, mithilfe erweiterter Verfahren der Überlebenszeitanalyse mit konkurrierenden Risiken, die mehrere mögliche Ereignisse erlauben.

Warum kann man nicht alle im Jahr 2024 transplantierten Personen auswählen und rückwirkend deren Wartezeit berechnen?

Es wäre problematisch, die Patientengruppe anhand des Ergebnisses auszuwählen. Dadurch werden nur transplantierte Personen berücksichtigt, während alle, die noch auf ein Organ warten, von der Liste genommen wurden oder verstorben sind, ausgeschlossen blieben. Ein solcher “Selektionsbias” würde die Ergebnisse verfälschen – meist in Richtung einer zu optimistischen Einschätzung der Wartezeiten.

Deshalb wählen wir die Studienpopulation nicht nach dem späteren Outcome, sondern anhand des Zeitpunkts der Listung.

Wie ist die mediane Wartezeit bis zur Transplantation (MTT) genau zu interpretieren?

Sie entspricht der Wartezeit, nach der die Wahrscheinlichkeit einer Transplantation 50 % beträgt. Bei der Niere ist die MTT 3.1 Jahre; es kann also davon ausgegangen werden, dass nach ca. 3 Jahren 50 von 100 Personen eine Niere erhalten.

Die MTT hat nur wenige Annahmen. Diese sind, dass die wartende Person zum Zeitpunkt der Listung nicht für eine Lebendspende eingetragen ist oder später eine Lebendspende erhalten wird. Die Lebendspende ist im Allgemeinen ein gut planbares Ereignis und unterscheidet sich daher von der Wartezeit bei Organen von spendenden verstorbenen Personen.

Im Prinzip ist die MTT die mittlere Wartezeit für eine Person, über die wir kaum etwas wissen – ausser dass sie für eine Organtransplantation gelistet wurde. Wir wissen nicht, ob es sich um ein Kind oder einen Erwachsenen handelt, welches Geschlecht die Person hat, ob eine hohe medizinische Dringlichkeit besteht, welche Blutgruppe vorliegt, oder ob die Person inaktive Wartezeit haben wird. All diese Faktoren beeinflussen die individuelle Wartezeit erheblich, sodass diese in der Realität deutlich kürzer oder länger als die MTT sein kann.

Können auch individuelle Wartezeiten abgeschätzt werden?

Komplett individuelle Abschätzungen für einzelne Personen sind nicht möglich. Aber spezifischere Abschätzungen, die individuelle Faktoren wie Blutgruppe, Alter oder Gewicht berücksichtigen, werden in Zukunft mit erweiterten Modellen möglich sein. Die Faktoren, welche die Wartezeit beeinflussen, können von Organ zu Organ unterschiedlich sein.

Warum wird die inaktive Zeit bei der Berechnung der medianen Wartezeit bis zur Transplantation (MTT) ignoriert?

Personen auf der Warteliste können aus medizinischen Gründen, z.B. einer Infektion, vorübergehend inaktiv werden und werden in dieser Zeit nicht transplantiert. Man könnte Argumentieren, die Einbeziehung inaktiver Personen könnte die Wartezeiten verzerren, da sie während ihrer inaktiven Phasen nicht wirklich auf ein Organ warten.

Andererseits würde die Berücksichtigung der nur aktiven Zeit die Wartezeiten zu optimistisch erscheinen lassen. Viele Patienten erleben inaktive Phasen, und diese zu ignorieren würde eine unrealistische Annahme schaffen. Daher wird für die inaktive Zeit nicht korrigiert, und die MTT stellt einen neutralen Kennwert dar, ohne Annahmen über inaktive Zeiten zu treffen, d.h. ob diese eintreten können oder nicht.

Was wäre die medianen Wartezeit bis zur Transplantation (MTT), wenn man heute neu gelistet wird?

Das ist eine schwierige Frage, da sie einen Blick in die Zukunft erfordert. Wir beobachten die Transplantationsraten im Laufe der Zeit und studieren deren Entwicklung. In der Regel verbessern sich die Wartezeiten für die meisten Organe, das heisst, sie werden kürzer. Besonders bei der Niere dauert es jedoch mehrere Jahre, bis genügend Transplantationen durchgeführt wurden, um eine verlässliche Abschätzung treffen zu können. Darum können wir für neu gelistete Personen zum jetzigen Zeitpunkt noch gar keine verlässliche Abschätzung machen. Swisstransplant arbeitet jedoch daran, mit erweiterten Methoden in Zukunft solche Abschätzungen machen zu können.